WOZU ist Kreativität nützlich?

1) Schaffen Sie Wahlmöglichkeiten

Was umfaßt alles diese schöpferische Kraft "Kreativität"? Kreativität heißt: die Würdigung der kleinen Idee, das Wertvolle im Alltäglichen sehen, Ja zum Unbekannten zu sagen, Tanz zwischen Struktur und Chaos, der Blick hinter den Horizont, über die erste richtige Antwort hinauszudenken. Das Gleiche wie alle anderen zu sehen, aber sich etwas anderes dabei zu denken. Schauen Sie sich einmal das nebenstehende Bild an und lesen dann erst weiter. Was können Sie erkennen?

kniffel-ambiguity

Wie war’s, was haben Sie erkannt? Manche Menschen reagieren sofort: „Da sind doch eindeutig zwei Gesichter zu erkennen“, andere entgegnen „Ich habe zuerst eine Säule bemerkt“. Unser Gehirn liebt die Eindeutigkeit und findet erst allmählich heraus, daß da vielleicht mehr ist; etwas anderes, ohne das das eine auch nicht da wäre. Wie das Schwarze im Bild nur durch das Weiße seine Form erhält - und umgekehrt. Gar nichts Sensationelles, Neues, aber doch ist etwas - mehr - da, was wir vorher noch nicht bemerkt haben. Oder haben Sie vielleicht noch etwas ganz anderes erkannt? Es geht nicht allein darum, etwas Brandneues, noch nie Dagewesenes zu erfinden. Neu kann auch bedeuten, daß Menschen Dinge tun, die sie vorher auch schon getan haben, die sie jedoch in einem neuen Zusammenhang, einer anderen Situation, auf eine neuartige Weise tun. Ein bedeutender Teil der Kreativität besteht darin, das, was man in dem einen Zusammenhang kennt, in einen anderen Rahmen zu bringen. Es von einer anderen Seite her zu betrachten und ihm damit eine neue Wertigkeit zu verleihen, eine neue Landkarte zu entwerfen - und damit eine zusätzliche Alternative, eine neue Wahlmöglichkeit zu eröffnen. Das Wesen der Kreativität ist es, Wahlmöglichkeiten zu schaffen. Und dadurch, daß wir Alternativen zur Verfügung haben und daß wir uns unserer Wahlmöglichkeiten bewußt werden, auch ein Bewußtsein zu entwickeln für die Vielfalt und Schönheit im Leben. Dadurch entdecken wir unsere Kreativität.

Wie können Sie selbst jene Einfälle, die manchmal wie aus dem Nichts in Ihrem Kopf erscheinen, dazu bringen dann aufzutauchen, wenn Sie sie wirklich dringend brauchen? Was tun Sie dazu, um sicherzustellen, daß Sie kreativ sein können, wenn dies notwendig ist?  


Die 1-Minuten-Kreativ-Pause

  Wählerisch 
Wahlmöglichkeiten hängen auch von den Bezugssystemen ab, in denen Sie nach Lösungen suchen. Wieviele Antworten finden Sie für diese Aufgabe:
1 + 1 = ? 


2) Finden Sie LösungEN

Kreativität ist immer dann im Spiel, wenn Sie eine neue Idee erzeugen, die in dieser gleichen Art – oder Komposition – vorher noch nicht da war. Dabei kann diese Idee ein plötzlicher Einfall, ein Gedankenblitz, eine Inspiration sein. Genauso gut kann sie aber auch als Folge eines kontinuierlichen Denkvorgangs entstanden sein. Betrachten Sie bitte einmal kurz die nebenstehende Zeichnung, beantworten Sie die Frage: „Was sehen Sie?“ - und lesen dann erst weiter.

kniffel-punkt

Nun, was ist das gewesen; was haben Sie herausgefunden? Ein Punkt. Richtig. So einfach kann manche Lösung sein. Und doch, vielleicht könnte es ja auch etwas anderes sein?! Wir Erwachsene sind häufig schon beruhigt, wenn wir eine richtige Lösung gefunden haben. Viele Bereiche unseres „öffentlichen Denkens“ sind darauf ausgerichtet, auf jede Frage „die“ eine richtige Antwort zu finden. So fällt es uns leicht, Dinge in „richtig/falsch“ oder „schwarz/weiß“ einzuteilen; das kann in manchen Situationen durchaus praktisch sein.

Was aber hat dieses eingleisige Denken häufig zur Folge? Daß wir uns bei der Suche nach neuen Ideen oft mit der erstbesten Antwort zufriedengeben. Diese „Lösung“, die wir gefunden haben, dämpft oder blockiert den Drang weiterzusuchen. Die Chance, eine bessere oder vielleicht sogar die Lösung zu finden, ist dahin. Was glauben Sie, erkennen Kinder in dieser Zeichnung? Vielleicht eine Fliege, Sonnenfinsternis, Schatzkarte, Note, magische Quelle, einen Tintenfleck, Klingelknopf, oder ein Geldstück, ein schwarzes Loch in einer fernen Galaxie, ...

Wir alle haben gelernt - häufig in der Zeit zwischen unserem ersten und letzten Schultag -, konsequent zu denken und die erste richtige Antwort zu geben. Damit legen wir einen Teil unseres Vorstellungsvermögens „an der Garderobe ab“ - unseres Potentials, nach mehr als nach einer richtigen Antwort zu forschen. Wir befinden uns auf dem besten Wege, in unsere eigene Intelligenzfalle zu tappen, weil es ein Merkmal von intelligenten Menschen ist, an dem ersten „richtigen“ Resultat festzuhalten, um keine Zeit mehr für die Suche nach weiteren Lösungen zu vergeuden. Die wenigsten Menschen finden Probleme amüsant und wenn sie einem begegnen, suchen sie für gewöhnlich den ersten „Aus-Weg“, den sie entdecken können - und verteidigen diese eine Idee oft bis auf’s Äußerste. Es ist Vielen gewohnter, Probleme logisch zu lösen, anstatt Gelegenheiten und Variationen zu erkennen, die „gleich um die Ecke liegen“. Die Gefahr dabei ist, wenn wir nur einen Standpunkt einnehmen, werden viele Dinge außerhalb unseres Blickwinkels liegen. Wenn wir glauben, es gäbe nur eine richtige Antwort, werden wir aufhören, weiter zu suchen, sobald wir eine gefunden haben. Haben wir nur eine Vorstellung, bleibt uns auch nur ein Weg offen, den wir gehen können. Und das in einer Welt, in der Flexibilität eine notwendige, vitale Eigenschaft ist.

„Nichts ist so gefährlich wie eine Idee,
wenn es Ihre einzige ist.“ - Emil C. Alain, Philosoph

Die Welt um uns herum besteht aus Mehrdeutigkeiten; das Leben selbst ist unklar und mehrdeutig. Die NLP-Grundannahme „Es gibt immer mindestens 3 Wahlmöglichkeiten“ weist auf dieses Bewußtsein hin. Oft ist es erst die zweite, dritte oder fünfzehnte Antwort, die uns zu einer wirklich innovativen Lösung hinführt. Die es unserer Phantasie gestattet, sich zu entfalten - wie ein guter Fotograf, der von einem lohnenswerten Objekt eine Vielzahl von Aufnahmen macht, um dann die eine auswählen zu können. Daraus ergibt sich ein ganz wesentlicher Teil, wenn nicht sogar der Teil des kreativen Denkens: Die Fähigkeit, über die erste „richtige“ Antwort hinauszudenken und Mehrdeutigkeiten zu erkennen; die Suche nach der zweiten und nach der dritten Lösung! Die Fähigkeit, zumindest zeitweise das auszuschalten, was wir wissen. Dieses sogenannte „Nicht-Wissen“ ist ein hochkreativer Prozeß. Sobald wir sagen: „Ja, ich weiß was das ist“, denken wir logisch, sparen Zeit und mobilisieren im Geist unsere innere „Landkarte“; wir gleichen das, was wir wahrnehmen, mit unseren Erfahrungswerten ab und wenn wir die Kriterien für „ich weiß“ antreffen, belassen wir es häufig dabei.

Kinder haben noch nicht so viele Landkarten; sie ahnen instinktiv, daß es noch mehr gibt, noch etwas Weiteres da sein muß! Können Sie auf etwas zugehen, von dem Sie glauben, daß Sie es kennen und es anschauen und sagen: „Nein, ich habe keine Ahnung, was das sein könnte“? Dann tun sie es einmal jetzt. Das ist die Art von kindlicher Unbefangenheit, von freier Sicht, von forschender Neugier, die Ihnen die Chance bietet, neue Gebiete für Ihre Landkarte zu „erobern“ - und damit neue Landkarten zu entwickeln. Verkneifen Sie sich doch einfach die Frage: „Wie lautet die Antwort?“ und fragen Sie statt dessen: „Welche Antworten sind denkbar?“

Welches sind zwei alltägliche erstaunliche Dinge, die Sie heute neu entdecken können? 


Die 1-Minuten-Kreativ-Pause

  Hoch hinaus 
Wie können Sie mit Hilfe eines Barometers die Höhe eines Gebäudes messen? Wie viele Möglichkeiten finden Sie, und wie innovativ sind diese Einfälle? Nehmen Sie sich Zeit für die AntwortEN.
 


3) Erweitern Sie Ihren Denkrahmen

Haben Sie das schon mal erlebt: Sie stehen mitten in der Stadt und sehen am Himmel … nur graue Wolken; Fazit: schlechtes Wetter. Doch bereits ein paar Meter weiter, in einer Häuserlücke, erkennen Sie, daß es eigentlich nur eine Wolke war - der Rest des Himmels erscheint hell und freundlich. Der Rahmen unseres Blickfeldes oder Denkens bestimmt die Ergebnisse, die wir erhalten. Übertragen Sie die nebenstehenden 9 Punkte auf eine Karte und verbinden sie alle Punkte mit Hilfe eines Stiftes, indem Sie 5 gerade Linien zeichnen, ohne abzusetzen. Ging das leicht? Gut, dann vergrößern Sie Ihr Potential und verbinden alle diese Punkte mit 4 (!) geraden Linien in einem Zug, ohne abzusetzen.

kniffel-9Punkte Berühmt - manchem bekannt - aber immer wieder herausfordernd.

Nun, was haben Sie gemacht. Überprüfen Sie einmal, welche Regeln Sie als gegeben angenommen haben, die Ihnen eine Lösung erschwerten - und worüber Sie sich hinwegsetzen mußten, um die Aufgabe erfüllen zu können. Genau das ist es, was Ihre Kreativität fördert: Das Bewußtsein, wann es angebracht sein kann, sich in bekannten Bahnen zu bewegen und wann es sinnvoll sein kann, daß wir uns über eine bestehende Annahme, eine festgesetzte Regel hinwegsetzen. Einen gewohnten Rahmen verlassen, Phantasie entwickeln, um ein Problem zu lösen und uns weiterzuentwickeln. Ron Ayers, Aerodynamik-Experte und der Konstrukteur des ersten Überschall-Autos, fragte nicht: „Warum geht es nicht?“, sondern: „Wenn jemand verrückt genug wäre, auf Land die Schallmauer zu durchbrechen, wie müßte ein Auto beschaffen sein, das so etwas aushält?“

Wir haben gelernt Regeln zu befolgen; Belohnung und Bestrafung haben dazu geführt, daß sich manche Leitlinien wie eine Grenze fest in unserem Bewußtsein „verankert“ haben. Dabei können Regeln durchaus sinnvoll sein. Etwa die Tatsache, daß wir im Straßenverkehr wissen, auf welcher Straßenseite wir zu fahren haben oder wo wir wann und wie lange parken dürfen. Daß sich unsere Uhren alle nach dem gleichen Takt zu richten haben. Oder daß ein Meter ein Meter ist und ein Kilo ein Kilo; zumindest hoffen wir das. Jeder Zweifel an einer solchen „Sicherheit“ bedroht unsere Landkarte und läßt ein Warnsignal erscheinen: Achtung, sie verlassen gerade regelgerechtes Gelände. Ähnliches kannten schon die mittelalterlichen Seefahrer, die auf ihren Karten die unbekannten Gebiete mit Drachen oder anderen Ungeheuern zierten, als Warnung vor dem Unbekannten.

Sicher hat es einmal eine Zeit gegeben, zu der jede Regel sinnvoll war - nämlich als sie aufgestellt wurde. Nur ändern sich die Zeiten und die ursprünglichen Gründe für das Aufstellen dieser Regeln sind vielleicht längst weggefallen, aber die Regeln bestehen weiterhin und wir befolgen Sie noch immer. Zum Beispiel gab es irgendwann einmal eine Zeit, in der Sie noch so jung waren, da durften Sie selbst bei grün nicht allein über die Ampel gehen. Heute können Sie eigenverantwortlich entscheiden, wann und wo Sie eine Straße überqueren - genauso, wie Sie entscheiden können, welche Regeln Sie befolgen möchten und welche nicht. Wenn sich Dinge ändern und neue Zusammenhänge deutlich werden, dann macht es wenig Sinn, die Probleme von heute nur mit den Gewohnheiten von gestern anzugehen. Es bietet sich vielmehr an, die eigenen kreativen Fähigkeiten einzusetzen, um neue Antworten zu finden. Voraussetzung dafür ist, die Grenzen alter Denkgewohnheiten und Sichtweisen zu überschreiten und einen neuen Weg einzuschlagen.

„Wenn Sie immer nur das tun, was Sie bisher getan haben,
werden Sie auch immer nur das bekommen,
was Sie bisher bekommen haben.“ - Henry Ford

Wie viele von den Regeln, die Sie heute befolgen, sind ungeschriebene Regeln, gewohnte Rituale, ja manchmal richtige „Heilige Kühe“, die nirgendwo schriftlich festgelegt sind? Die Ihnen vorschreiben, etwas „auf jeden Fall“ und „nur so“ zu tun und mit deren Einhaltung Sie sich die Möglichkeit nehmen, auf eine andere, effektivere Weise zu denken und vorzugehen? Regeln, Gewohnheiten, Rituale, die zum Beispiel Ihren Tagesablauf bestimmen. Wenn Sie für sich erkennen, daß beispielsweise in Ihrem Tagesablauf oder an Ihrem Arbeitsplatz eine Vielzahl solcher (selbstgesetzter) Regeln gelten, die einen festen Rahmen aufgespannt haben und denen Sie noch immer folgen, dann können Sie jetzt einmal feststellen, ob diese Regeln zur Wirksamkeit Ihres Denkens beitragen. Überprüfen Sie Ihre Rituale, Ihre liebgewonnenen Gewohnheiten regelmäßig. Stellen Sie sich die Frage, wie es zu dieser Idee, dieser Regel, zu diesem Ablauf oder Programm gekommen ist - und ob die Gründe, die dazu geführt haben, noch weiterhin bestehen. Wenn nicht, dann überwinden Sie diese Regel! Kreativität ist etwas gänzlich Individuelles und kann Ihnen helfen, Probleme effektiv zu lösen, wenn Sie bereit sind, dafür etwas zu tun. Kreativität lebt von dem Vermögen, einen bestehenden (Denk-)Rahmen zu erweitern und zu verlassen.

Welche überholte Regeln können Sie überwinden um Ihre Kreativität zu unterstützen und zu fördern? Und wie können Sie das so tun, daß es für Ihre Umgebung akzeptabel ist? 


Die 1-Minuten-Kreativ-Pause

  Gewohnheitswaschmaschine 
„Alles Neue beginnt mit Verwirrung.“ Überwinden Sie eine Ihrer eigenen, selbstverständlichsten Regeln und machen Sie einmal etwas Neues. Nehmen Sie sich irgendeine Verhaltensänderung vor, die Sie heute umsetzen werden und nehmen Sie wahr, wie sich dieser Lernprozeß für Sie gestaltet. Beispiele: Schuhe andersherum zubinden, Zähne mit der anderen Hand putzen, Ihr Portemonnaie einen Tag lang in der anderen Hosentasche tragen, bei einem guten Freund einmal auf den Dachboden steigen, auf dem Weg zur Arbeit eine Strecke laufen, die Sie sonst nur mit Auto kennen, eine andere Zeitung lesen, eine fremde Straße entlanggehen … .  


Diesen Artikel können Sie auch downloaden [41 KB] . Er stammt aus dem Buch Königsweg Kreativität - Powertraining für kreatives Denken.


Artikel des Monats Mai 03
Artikel des Monats März 03