Jahresthema 2007

Kreative Aspekte und Erkenntnisse

Aus aktuellem Anlass haben wir den nachfolgenden Beitrag außerplanmäßig in 's Programm aufgenommen. Der ursprünglich vorgesehene Artikel wurde verschoben. Obgleich eher ein Umsetzungsthema, werden hier auch neue Aspekte der Kreativität behandelt - neue Aspekte der kreativen Ideenpraxis.




Ideen - ein flüchtiges Gut

von Malte Lell

Deutschland, Land der Dichter und Denker - auch ein Land der Ideen?

Ideen haben ist (manchmal noch) nicht schwer – Ideen erhalten dagegen oft sehr. Das war der Tenor eines Symposiums, das im Winter in Süddeutschland stattfand. Nachfolgend werden die wesentlichsten Strategien und Hilfsmittel beschrieben, die dazu dienen, Ideen festzuhalten und weiter nutzbar zu machen. Kreativität in Anwendung.





Anlass

Viele Menschen haben Wege und Möglichkeiten gefunden, ihre Kreativität anzuzapfen und Geistesblitze zu zünden - oft sogar „auf Abruf“. Wesentlich schwerer tun sich auch heute jedoch noch viele Personen damit, ihre Einfälle festzuhalten und weiterzuverarbeiten, ein Umstand, der sich schnell rächen kann.

Ideen sind nämlich ein flüchtiges Gut, sagt die Gehirnforschung. An 7+/- 2 Gedanken (oder Informationseinheiten) kann man sich in der Regel erinnern - das ist die Speicherkapazität des Kurzzeitgedächtnisses (KZG) für alle Normalsterblichen, die nicht an einem Kurs zum Thema „Gedächtniskünstler“ teilgenommen haben. Das KZG ist so etwas wie ein Filter für unser Gehirn, der alle einkommenden Sinneseindrücke, äußere wie innere, aufnimmt und filtert - und uns damit hilft, uns nur auf das Wesentliche zu fokussieren. 7 +/- 2, eigentlich doch gar nicht so schlecht, das würde doch reichen für so manche Idee?

Aber auch das ist bloße Theorie - was jeder bestätigen kann, der schon einmal einen (einen einzigen!) genialen Gedanken hatte, nur um ihn Momente später wieder zu verlieren. Verschwunden auf ewig?! Manchmal kommt er wieder, nach einer (oft langen) Inkubationszeit, nur: sicher ist das nicht. Und ob es dann noch der gleiche ist, lässt sich schon gar nicht mehr sagen.

Was tun, war die Frage an die Teilnehmer eines Symposiums, allesamt Experten, Trainer, Praktiker im Bereich Ideengenerierung, Ideenmanagement und Kreativitätsforschung - und diese Frage wurde 2 Tage intensiv erörtert und praktisch beleuchtet. Was tun, um Ideen wirklich der Nachwelt zu erhalten und nutzen zu können?

Statementübergreifend finden sich die wichtigsten Anregungen für die Praxis nachfolgend in Kurzform zusammengefasst. Zur Nachahmung sind sie ausdrücklich empfohlen!

Übersicht

Ideen schriftlich festhalten

1 Bild sagt mehr als 1.000 Worte

Ideen sprudeln lassen

Von anderen lernen



Ideen schriftlich festhalten

Eine der klassischen Regeln der Ideenfindung sagt „halten Sie Ihre Ideen schriftlich fest“! Nur, mal Hand aus Herz, wer tut das? Das Fazit der Symposiumsteilnehmer: Tun SIE es! 7+/- 2 Infoeinheiten sind heutzutage schon erreicht, wenn Sie einmal bis zur nächsten Straßenecke gehen - und schwupp, schon ist ein genialer Einfall vielleicht für immer verschwunden, nur weil man auf die Verkehrslage um sich herum achten muss. Wenn die Aussage „Ideen sind ein kostbares Gut“ für Sie wirklich wahr ist, dann kümmern Sie sich um dieses Gut. Pflegen Sie es! Und die erste Pflege beginnt damit, dass man auf dieses Gut aufpasst und es am Leben erhält. Diese Anregungen dazu kamen aus der Runde:


Eigentlich ein alter Tipp, der aber schon so manche Idee „gerettet“ hat: Schreibzeug bereithalten ... und zwar dort, wo Ihnen Ideen bevorzugt kommen! Und das ist nicht immer am Schreibtisch, wo ohnehin kein Mangel an Schreibgerät herrscht - sondern oft an Orten, wo „Not am Mann“ ist, wie z.B. im Badezimmer, neben dem Bett, auf der Toilette, beim Joggen. Kurz überall dort, wo Körper und Geist in eine gewisse Entspannung geraten - und Ideen fast automatisch eingeladen werden.

Führen eines Ideenbuches (kann ein ganz kleines sein - oder, noch eleganter, ein Abschnitt des eigenen Zeitplanbuches).

Nutzen eines Skizzenbuches (gibt es mittlerweile im Format A6 und A5 wieder zu kaufen, sogar als Leporello).

Nutzen von PostIt-Haftnotizen, die später auch leicht sortiert und zugeordnet werden können. Nicht umsonst wurden diese Zettel von jemanden erfunden, der es leid war, dass seine Ideen, die er (sogar) aufschrieb, sich verselbständigten ... und verschwanden.

Nachts sind alle Katzen grau - und viele Ideen in Hochform. Da hilft es manchmal, wenn Sie Papier und Schreibzeug neben dem Bett bereitstellen. Um vor unliebsamen Überraschungen sicher zu sein: Ein leuchtender Kugelschreiber hilft im Dunkeln ungemein.



Wichtig dabei: Ideen entwickeln ist der 1. Schritt im kreativen Kreislauf, Ideen festhalten der 2.. Rund wird das Ganze erst durch eine gewisse kreative Disziplin bei der Weiterverarbeitung. Auch hierzu gab es praktische Anregungen:

Das Auswerten von Ideen sollte in regelmäßigen Zeitabständen erfolgen, um wirklich einen Nutzen daraus zu ziehen. Ob es mit Hilfe eines Computers geschieht, ob eine Ideenwand im Spiel ist oder ein Ideenkasten eingesetzt wird: Wichtig ist, mit einer gewissen Disziplin am Ball zu bleiben, um a) die Ernte auch einfahren zu können * und b) nicht irgendwann einmal beim Anblick einer neuen Erfindung oder Entwicklung sagen zu müssen „den Einfall hab ich auch gehabt ... schon vor langer Zeit“.



1 Bild sagt mehr als 1.000 Worte

Wie oft ist es Ihnen schon passiert: Sie erklären etwas, der Andere nickt anfangs entweder verständnisvoll - oder versteht gleich nur Bahnhof. Das Endergebnis jedoch ist zuweilen gleich: Der Andere hat es doch anders aufgenommen, als Sie es gemeint haben. Dieses klassische Kommunikationsgesetz macht auch vor noch so „objektiven“ Aussagen wie Zahlen und Sachlagen oder Ideen nicht Halt. Was lässt sich also tun, um Geistesblitze verständlich darzustellen?


Nutzen Sie ein Tool dass sich PC Notes Taker nennt. Es sieht aus wie die Klemme eines Klemmblockes, ist per USB-Anschluss mit dem Computer verbunden und wird mit einem speziellen Stift betrieben. Sobald ein, darin eingeklemmtes, Blatt Papier mit dem Stift beschrieben wird, öffnet sich im Computer ein entsprechendes Softwareprogramm, und die Zeichnung lässt sich a) als Grafik abspeichern, b) weiterverarbeiten und c) mit einem einzigen Knopfdruck sofort als email-Anhang im jpg-Format verschicken. Schlichtweg genial.

Wer es lieber ungebunden mag, für den gibt es mittlerweile die kabellose Variante, der Mobile Notes Taker. Er speichert kabellos bis zu 50 A4-Seiten, die sich anschließend dann auf den PC downloaden lassen. Genial hoch 2!



Ideen sprudeln lassen

Wo und Wann entwickeln Menschen eigentlich Ideen? Oft genau dort, wo sie sich nicht gerade ideal weiterverabeiten lassen, wie z.B. bei einem Waldspaziergang, im Biergarten, in der Natur generell - oder bei einem Gespräch mit guten Freunden. Aufschreiben, s.o., ist nicht jedermanns Sache. Aber auch dafür gibt es mittlerweile gute Lösungen, um sprudelnde Ideen zu verewigen.


Die Nutzung eines Audio-Diktiergerätes garantiert die Speicherung der eigenen Gedanken auch, oder gerade, in solchen Situationen. Und ist meist präziser und eindeutiger als jede handschriftliche Notiz.

Dabei haben die digitalen Geräte eindeutig die Nase vorn, sowohl was die „Größe“ angeht, wie auch vor allem im Hinblick auf die Speicherkapazität - die dank austauschbarer Speicherkarten oft unlimitiert ist. Die Qualität ist meist sehr gut und selbst in einer Besprechung oder einer Konferenz werden Gespräche im Umkreis von bis zu 6-8 Metern gut hörbar aufgezeichnet. Eine enorme Entlastung für das Gedächtnis - die noch dazu als email-Anhang leicht versandt und „ausgelesen“ werden kann, arbeiten doch viele Geräte mit dem weitverbreiteten MP3-Standard.

Die „Hohe Schule“ der Sprachaufzeichnung und -nutzung fängt aber damit erst an - und die Zukunft hat bereits begonnen. Diktiergeräte, die lizensiert sind durch Hersteller von Spracherkennungssoftware, können Wunder vollbringen - zumindest nach heutigem Standard ... in einigen Jahren gähnen wahrscheinlich die Schulkids darüber. Wenn eine solche Software in Verbindung mit einem Diktiergerät erstmal auf die „Stimme des Besitzers“ geeicht wurde, lässt sich jede Aufzeichnung im Nachhinein automatisch in geschriebenen Text umsetzen. Sie sprechen, wie Ihnen der Schnabel gewachsen ist und steigern sich in Ihre Ideen-Ekstase * das Gerät zeichnet Ihre genialen Einfälle auf * und beim Umsetzen in Text können Sie sich bereits der wohlverdienten Ruhepause widmen. Oder der nächsten Ideewelle.

Übrigens: In einer „kleinen Variante“ können Sie immerhin mit fast jedem handelsüblichen MP3-Stick auch Sprache aufzeichnen. Leihen Sie sich doch einen von Ihrem Jüngsten aus.



Von anderen lernen

Und dann gibt es auch noch dieses Szenario: Große Bibliothek, unschätzbare alte Bücher, begrenzte Zeit, Ausleihverbot UND Kopierverbot (Bücher könnten durch ihr eigenes Gewicht brechen beim Kopieren). Was tun?


Hier hilft der Einsatz einer Digital-Kamera in Kombination mit einem neueren OCR-Programm. Diese sind mittlerweile in der Lage (bitte Herstellerangaben beachten!), ein JPG-Foto einer Textseite (aufgenommen z.B. im Makro-Modus) in Text im RTF-Format (das von jeder textverarbeitung ausgelesen werden kann) umzuwandeln.

Oder als Finesse: Nutzen eines portablen Scanners, etwa in der Größe eines großgeratenen Kugelschreibers. Mit dessen Hilfe (und einer Fotodiode) lesen Sie die interessanten Textstellen Zeile für Zeile ein und speichern Sie gleichfalls im RTF-Format ab. Brave new world.






Fazit:

Manche dieser Tipps sind nicht neu - andere dagegen markieren den Beginn eines neuen Zeitalters ... das Zeitalter der Ideen. Es kommt weniger darauf an, wie neuartig oder ausgefallen die ein oder andere Anregung daherkommt, und wie toll sie mancher finden mag bzw. wie sehr sie jemand anders als Spielerei ablehnt. Wenn Ideen für Sie tatsächlich ein wichtiges Gut darstellen, ist es in der Praxis einzig und allein entscheidend:

dass sie IHNEN liegt;

dass sie individuell durchführbar, ökonomisch vertretbar (und finanzierbar) ist;

dass sie Ihnen praktisch und nachhaltig hilft, Ihre Ideen zu verewigen, zu dokumentieren und willkürlich abrufbar zu machen - wo und wann immer Sie es wollen.



Um im Endergebnis Ihre Kreativität, Ihr kreatives Potenzial zur Entfaltung kommen zu lassen - und Ihrer Genialität zur Geltung zu verhelfen. Und dazu: Nutzen Sie Ihre Ideen ... seize the idea ... carpe idea! Viel Erfolg dabei.




P.S. der Redaktion

Nutzen Sie auch ein geniales Tool? Schreiben Sie uns doch einfach Ihre Erfahrung - Sie wissen doch: "Kreativität wird mehr, wenn man sie verschwendet".


Artikel des Monats März 07
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