Jahresthema 2006

Komplexe Kreativmethodiken zur Problemlösung

Kreativmethodik Zukunftswerkstatt

Die Zukunftswerkstatt ist eine Methode, die im Umfeld der deutschen Bürgerbewegungen von dem Berliner Professor Robert Jungk entwickelt wurde. Das Ziel: einen Prozess der Veränderung mit denjenigen Personen durchzuführen, die von einer Problematik real betroffen waren: den Bürgern. Im Kern geht es bei dieser "Infrastruktur der Basis" darum, in einem festgelegten Ablauf in 1 Vorbereitungs- und 3 Haupt-Phasen neue Lösungen für existierende, unbefriedigende - und damit zu verbessernde - Zustände oder Situationen zu liefern, und so den Menschen an richtungsweisenden Entscheidungen seines eigenen Lebensbereiches zu beteiligen. Ein gelebtes Modell, wie Zukunft durch eigenes Handeln entstehen kann.


Wie Sie vorgehen

Merkmal  Prozess, um kreative Lösungen für existierende Probleme oder unbefriedigende Situationen zu entwickeln.  
Einsatz für  * Existierende unbefriedigende Situationen oder Zustände
* Aufgaben, die nach einer Lösung verlangen
* Fragestellungen, die von den Betroffenen bearbeitet werden sollen  
Denkrichtung   * zunächst kritisch (den bestehenden Verhältnissen gegenüber)
* dann visionär (die Zukunft vor- und wegbereitend)
* abschließend strategisch (die praktische Umsetzung im Blick haltend)  
Geeignet für  Fortgeschrittene, anfangs unter Anleitung;
mehr Team- als Einzelmethodik;
geeignet auch für Großgruppen  
Zeitbedarf  ab 45 Min. (Nutzung des Prinzips) - 2 Tage (komplette Durchführung)  
Voraussetzungen  * entsprechende Räumlichkeiten
* Flipchart und Wandplakat
* dicke Stifte/ Marker  
Vorgehen  1. Vorbereitungsphase
* Spielregeln für Vorgehensweise bekannt machen + vereinbaren
* Definition der Problemstellung und Festlegen des Themas: Finden einer gemeinsamen Aufgabenstellung, die allen "unter den Nägeln brennt"
* das Thema kann schon als Einladungs-Motto stehen.

2. Kritikphase/ Beschwerdephase
* Gemeinsamkeiten herstellen auf der Grundlage heftiger Kritik an den herrschenden Zuständen im ausgewählten Bereich
* persönliche Betroffenheit als Auslöser nutzen, um die IST-Situation und deren Schwächen aufzuzeigen
* anschließend Probleme ordnen

3. Schöpferische Phase/ Utopiephase/ Phantasiephase

* Wünschenswerte Zustände bezeichnen
* visionäre Ideen finden
* ideale Szenarien erstellen

4. Strategische Phase/ Verwirklichungsphase

--- 4.A) Prüfung und Bewertung
* Wünsche, Zielzustände und Entwicklungsrichtungen vergleichen mit den realen Bedingungen, vorhandenen Trends und Hindernissen, die der Realisierung im Weg stehen
--- 4.B) Entwurf und Entscheidung
* Konkrete Umsetzungsmöglichkeiten in Form eines Maßnahmenzeitplans verbindlich festlegen
* Verantwortlichkeiten aufteilen

5. Kurzpräsentation der Ergebnisse
* In Kleingruppen erarbeitete Ergebnisse in der Großgruppe zusammenfassen und präsentieren

6. Nachbereitungsphase

* Auswertungstreffen festlegen, um Zielvereinbarungen mit weiteren Personen zu treffen und Stand der Umsetzungen zu überprüfen  
Variationen  keine direkten Variationen,
aber es lassen sich viele der bekannten Kreativtechniken nahtlos einbinden.
Die einzelnen Teilschritte können bei Bedarf abgewandelt und/ oder wiederholt werden.  


Was Sie beachten sollten

Do's (Wichtig)...........   * Oberster Grundsatz: wer von einem Problem/ einer Situation betroffen ist, muss dabei sein!
* Reihenfolge einhalten, d.h.: zuerst "Mosern" und Dampf ablassen!
* gute Dokumentation der Ergebnisse ist wichtig
* Prozessschritte durch notwendige Kreativtechniken unterstützen  
und Dont's (Todsünden)   - Aufgaben "von oben" bearbeiten lassen
- insbesondere bei kritischen Situationen/ Aufgabenstellungen: gleich mit Ideensammlung (der sogenannten "klassischen kreativen Phase") beginnen  
Vorteil  * Betroffene werden aktiv in Problemlösungsprozesse eingebunden
* Vorgeschaltete Kritikphase erlaubt den Beteiligten, "Dampf" abzulassen, bevor neue Ideen gesammelt werden!
* "Kritik beinhaltet immer schon einen Teil der Lösung" - und erleichtert so die nachfolgende Ideenfindung
* Polarisiert stark (Kritik/ Ist-Situation * Vision/ Zukunft * Strategie/ Umsetzung) - und schafft damit eindeutige Verhältnisse
* Situative Einbindung nahezu des gesamten Repertoirs an Kreativtechniken  
Nachteil  - Sehr komplexe Methode
- in Deutschland eher aus dem Sozialbereich bekannt und angewandt
- Braucht Übung und ist anfangs gewöhnungsbedürftig
- eine Anleitung ist anfangs notwendig
- die Phase der Ideenumsetzung kommt etwas schwach weg
- ist nicht weiterentwickelt worden  


Ihr Nutzen

Die Zukunftswerkstatt ist eine einfache, praxisnahe Vorgehensweise, um Aufgabenstellungen oder unbefriedigende Situationen konkret anzugehen und nachhaltig zu lösen. Neben der einfachen Einbindung vieler bekannter Kreativitäts- und Problemlösungstechniken zeichnet sich diese Methodik vor allem durch 2 Merkmal aus:
1) Zum einen stammt der Satz "Betroffene zu Beteiligten machen" dem Gedankengut dieser Vorgehensweise; die zwingende Einbindung auch und gerade der Mitarbeiter "vor Ort" führt oft zu völlig neuen, gleichwohl extrem wirkungsvollen und praktikablen Lösungsansätzen.
2) Zum anderen nimmt sie durch ihre Besonderheit der vorgeschalteten Kritikphase aus brisanten Situation den "Dampf" heraus - und ermöglicht dadurch oft erst die nachfolgende Bereitschaft der Beteiligten zur Ideensammlung.

Diese Anregung stammt aus dem Buch Königsweg Kreativität - Powertraining für kreatives Denken.


Artikel des Monats Februar 06
Jahrgang 2006